Über die Blase und die Inkontinenz


Blasenfunktion – Blasenschwäche – Inkontinenzformen

 

Autorin:
Maya Elmiger-Imgrüth, Physiotherapeutin Beckenbodenrehabilitation

 

Eine Blasenschwäche löst bei Betroffenen oft seelischen Stress und Ängste aus. Zwischenmenschliche Beziehungen können gestört werden und ein unbeschwertes Leben wird schwierig. Blasenschwäche bedeutet den Verlust der Blasenkontrolle. Das ist keine normale Alterserscheinung. Durch eine gezielte Behandlung kann das Problem manchmal gelöst oder stark verbessert werden. Um dem Problem gezielt auf den Grund zu gehen, ist es wichtig und interessant zu wissen, wo die Blase liegt und wie sie funktioniert.

Incocare Produkte Inkontinenz Inkontinenzformen Schweiz.jpg
 
Blasenschwäche belastet sehr und kann die Aktivitäten des täglichen Lebens stark einschränken.


Die Blase bei Mann und Frau

Die Blase liegt im kleinen Becken und ist ein muskulöses Hohlorgan. Man kann sich die Blase vorstellen wie ein Luftballon, der schon einmal aufgeblasen war. Lässt man die Luft heraus, fällt der Luftballon zusammen und legt sich in Falten. Bläst man ihn wieder auf, glättet sich die Wand und der Luftballon erhält seine vorherige Form zurück. So funktioniert auch der Mechanismus der Blase. Der Urin fliesst von den beiden Nieren über die Nierenleiter in die Blase. Durch die Harnröhre fliesst der Urin aus der Blase raus. Bei Frauen ist die Harnröhre ca. 4 cm lang. Bei Männern ist die Harnröhre ca. 20 cm lang und verläuft durch die Prostata. Diese anatomischen Unterschiede haben einen Einfluss auf die Problematik der Blasenschwäche und führen deshalb zu unterschiedlichen Problemen bei Frauen und Männern.


Die wichtige Funktion des Beckenbodens

Eine sehr wichtige anatomische Struktur ist der Beckenboden. Der Beckenboden besteht aus Faszien (Bindegewebe) und Muskeln und schliesst die Beckenhöhle nach unten ab. Vorne wird der Beckenboden durch das Schambein, hinten durch das Steissbein begrenzt. Seitlich verläuft der Beckenboden von Sitzbeinhöcker zu Sitzbeinhöcker. Der Beckenboden trägt alle unsere inneren Organe, somit auch die Blase. Der äussere Schliessmuskel, ein Teil der Beckenbodenmuskulatur, umschliesst die Harnröhre. Bei Druckerhöhung im Bauchraum durch Husten, Niesen, Lachen, Hüpfen, schwere Lasten tragen etc. kommt der Beckenbodenmuskulatur eine grosse Bedeutung zu. Die Beckenbodenmuskulatur muss reflektorisch dagegenhalten, sonst kommt es zu einem unwillkürlichen Urinverlust.

Wichtige Funktion des Beckenbodens bei der Frau

Wichtige Funktion des Beckenbodens beim Mann


Was passiert beim Wasserlösen genau?

Die Blase dient der Speicherung des Urins und muss von Zeit zu Zeit entleert werden. Während der Füllung der Blase dehnt sich der elastische Blasenmuskel langsam aus. Der Drang, die Blase zu entleeren, stellt sich bei ungefähr 200 Milliliter Urin ein. Jetzt verspürt die Person den ersten Harndrang. Wird dieses Gefühl des Harndrangs unterdrückt, füllt sich die Blase weiter. Nach einer gewissen Zeit tritt erneut Harndrang auf. Bei einer Füllung von mehr als 500 Millilitern verspüren wir einen sehr starken Harndrang. Dies kann sogar schmerzhaft sein.

Der Mechanismus der Blasenentleerung ist ein ausgeklügeltes System und wird über Nervenimpulse des Gehirns gesteuert. Der Blasenmuskel wird durch das vegetative Nervensystem gesteuert. Das heisst, wir können den Blasenmuskel nicht willentlich aktivieren, um Wasser zu lösen. Nun die grosse Frage: Wie können wir trotzdem unseren Toilettengang mehr oder weniger dann ausführen, wann wir möchten?

Die Blase füllt sich sukzessive mit Urin. Bei einem bestimmten Füllungsgrad (ca. 200 Milliliter) geben die Dehnungsrezeptoren der Blasenwand Signale weiter ans Gehirn. Das Gehirn ist informiert über den Füllungsgrad der Blase und löst das Gefühl des Harndrangs aus. Das Gehirn löst gleichzeitig einen Gegenimpuls aus, der die automatische Entleerung der Blase hemmt. Durch diesen Impuls ist der innere Schliessmuskel aktiviert und verschliesst die Harnröhre. Der äussere Schliessmuskel, der die Harnröhre umschliesst, ist vom willkürlichen (somatischen) Nervensystem gesteuert. Er gehört zur Beckenbodenmuskulatur und kann bewusst kontrahiert werden. Sind wir nun auf der Toilette angekommen und wollen unsere Blase entleeren, wird die Hemmung aufgehoben. Die Schliessmuskulatur und die Beckenbodenmuskulatur entspannen sich und der Blasenmuskel zieht sich zusammen. Somit kann der Urin ungehindert abfliessen.


Die Trinkmenge bestimmt Häufigkeit des Wasserlösens

Die Häufigkeit des Wasserlösens hängt mit der Trinkmenge und dem Fassungsvermögen der Blase zusammen. Nun fragt man sich: Was ist denn normal? Tagsüber ist es normal, dass man bis zu 8 Mal die Blase entleeren muss. Dabei sollte pro Miktion mindestens 200 Milliliter oder mehr Urin entleert werden. In der Nacht sollte man nicht oder höchstens einmal die Blase entleeren müssen.

Zyklus des Füllens und Entleerens der Blase

Miktionszyklus der Blase

Miktionszyklus der Blase

Bild 1. – 4.

1. Die Blase füllt sich

2. Halbvolle Blase, erstes Bedürfnis die Blase zu entleeren

3. Blasenentleerung wird bewusst zurückgehalten bis sich eine passende Gelegenheit bietet

4. Blasenentleerung


Was ist Blasenschwäche oder Harninkontinenz?

Blasenschwäche oder Harninkontinenz bedeutet den Verlust der Blasenkontrolle und zeigt sich mit ungewolltem Urinabgang. Dies führt zu einem belastenden und oft peinlichem Problem, das das tägliche Leben der Betroffenen stark einschränkt. Es gibt verschiedene Formen der Blasenschwäche.

Bei der Belastungs- oder Stressinkontinenz geht der Urin bei körperlicher Belastung, beim Husten, Niesen, Lachen oder Hüpfen ungewollt ab. Meistens wird vor dem Unglück kein Harndrang verspürt. Der Betroffene verliert nur kleine Mengen Urin. Die Ursache ist eine Schwäche des Verschlussmechanismus der Blase. Zum Beispiel ein zu schwacher Beckenboden kann für die Stressinkontinenz verantwortlich sein. In der Regel lässt sich dieses Problem gut behandeln.

Bei der Reizblase oder Dranginkontinenz tritt ein plötzlicher, unkontrollierter Harndrang auf. Die Betroffenen müssen sofort die Toilette aufsuchen und die Blase entleeren. Ist dies nicht möglich kommt es zum Urinverlust, der nicht willentlich verhindert werden kann. Auch hier ist es sehr wichtig, das Problem behandeln zu lassen.

Die beiden Probleme können auch als Mischformen auftreten.

 
Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, die Probleme mit der Blase und dem Wasserlösen anzugehen. Es ist sehr sinnvoll, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ein Arzt oder eine Beckenbodentherapeutin können mögliche Ansprechpersonen sein.
— Maya Elmiger-Imgrüth, Physiotherapeutin Beckenbodenrehabilitation
 

Im nächsten Blog

Die Behandlungsmöglichkeiten der beiden Probleme sind unterschiedlich und werden im nächsten Blog näher beleuchtet. Darin gehen wir näher auf die Inkontinenzformen ein und erzählen, was dazu führt und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt.